Thälmann, oh Thälmann vor allen

Immer,( na, jedenfalls fast immer), wenn ich meiner Tochter morgens die Frühstücksstulle schmiere und auf dieses ärgerliche kleine Eckchen schaue, das bei runder Wurst auf eckigem Brotformat schlichtweg nicht zu vermeiden ist und überlege, ob ich einfach überlappend mit einer verschwenderisch obenauf gelegten halben Zusatzscheibe arbeite . . . immer dann steht Thälmann hinter mir, knufft mich in die Seite und sagt: Sei nich so knauserig, tu noch eine drauf!

Ich weiß, er will seine Stulle dann in der Schule an bedürftige Mitschüler abgeben, die nicht genug im Haus haben, um über die Formschönheit flächendeckenden Wurstbelags zu philosophieren. Er begreift nicht, dass er tot ist und die Stullen für meine Tochter sind, die sie manchmal in der Schultasche aufbewahrt, bis sie einen grünen Pelzmantel tragen.

Was macht Thälmann hinter mir? Warum knufft er mich? Warum ist er nicht samt der Geschichte, in der er seine Schwester unter Anwendung körperlicher Gewalt beim Stullenmachen zum Solidaritätszuschlag trieb, aus meiner Erinnerung verschwunden??

Thälmann unsterblicher Sohn, Thälmann ist niemals gefahallen - manche Sachen, die der Sozialismus sich ausgedacht hat, stimmen eben doch! Geh hin, Ernst, und erscheine jemand anderem! Ich bin für die proletarische Weltrevolution verloren. Ich interessiere mich nur für kleinbürgerliche Stullenqualität ohne wurstfreie Eckchen.