Völlig klar, . . .

 

. . . dass Kinder die eigentliche Würze im Leben sind. Nicht die einzige, aber die eigentliche. Was damit gemeint sein soll, weiß die Leserschaft entweder oder jede Erklärung ist zwecklos.

Besonders langjährige Freundschaften werden durch Kinder ordentlich gewürzt und gewinnen an Schärfe in der Auseinandersetzung. Und auch der Blick auf die Freunde wird schärfer, das Auge ruht kritisch auf elterlichem Fremdverhalten, das oft in krassem Gegensatz zu unseren eigenen pädagogischen Auffassungen steht. (Je nach dem, um wessen Kinder es sich gerade handelt.) Als Beispiel ziehe ich hier meine Freundin heran, die mich grad gestern wieder mit ihren beiden Jungs besuchte. Diese Jungs . . . aber ich halt mich da raus! Jetzt komme ich gleich zu oben erwähnter Würze: Meine Freundin und ich sitzen friedlich da und hoffen von unseren Kindern dasselbe. Vergebens. Geschrei dringt aus dem Kinderzimmer – und was sieht die widerwillig heran eilende Mutter? Mein Sohn ist unter dem körperlichen Druck des Gastkindes zu Boden gegangen und wird dort erpresserisch festgehalten, um die Herausgabe eines Spielzeugs zu erzwingen. Ganz den Empfehlungen meines Familientrainings folgend rufe ich meinem Sohn pädagogisch wertvoll zu: „Klär das mal allein, das schaffst Du schon!“ Aber mein Sohn schreit, in Abweichung vom Lehrplan: „Nein, Mama, ich schaff das nicht, ich hab’s schon versucht!“ Nun schärft sich mein Blick und ruht kritisch auf dem elterlichen Fremdverhalten meiner Freundin. Meiner Meinung nach müsste sie sich jetzt erzieherisch wertvoll verhalten und ihren Sohn von meinem runter beordern. Die Situation gewinnt an Würze, denn sie tut es nicht. Sie findet, Engelbert müsse an seinem Durchsetzungsvermögen arbeiten. Und das auf meinem Sohn, der schon blau anläuft, sein Spielzeug aber tapfer festhält.

Dies ist also das Dilemma: Konflikt Nummer eins – der Kaffee wird kalt, die Gespräche versiegen. Konflikt Nummer zwei - habe ich mit meinem Sohn, wenn ich ihn zum Nachgeben zwinge. Konflikt Nummer drei - habe ich mit meiner Freundin, wenn ich meinem Sohn beistehe, wobei sich dieser Konflikt sofort auf Engelbert ausweitet. Wohl könnte ich Engelbert Gast -Vorteil einräumen, würde meine Freundin das auch so machen, wenn wir bei ihr zu Besuch sind. Macht sie aber nicht! Gern würde ich de-eskalierend einwirken, weiß nur nicht auf wen. Der Nachmittag ist im Arsch. Irgendjemand wird auf alle Fälle heulen. Höchstwahrscheinlich bin ich das.

wilray